Keller lüften?


Ein typisches Szenario in deutschen Kellern: es riecht muffig.  Also lassen wir Tag und Nacht die Kellerfenster geöffnet, damit die Sommerluft die Feuchtigkeit abtransportieren kann.  Das funktioniert aber leider nicht; der Keller riecht weiterhin muffig.  Warum?

Wir erinnern uns an die Flasche aus dem Kühlschrank, die wir im Sommer auf den Küchentisch stellen.  An der Flasche kühlt sich innerhalb kürzester Zeit die warme, feuchte Sommerluft ab, kann damit nicht mehr genug Feuchtigkeit aufnehmen und bildet auf der Oberfläche der Flasche Kondenswasser.

Das passiert auch in Ihrem Keller: wenn die Sommerluft mit 25 Grad Celsius und 80% Luftfeuchtigkeit in den vielleicht 18 Grad Celsius kühlen Keller gelangt, kühlt sie sich ebenso ab und bildet Kondenswasser auf den kalten Oberflächen, also Wänden und Böden.  In unserem Beispiel sind das ungefähr 3 Milliliter Wasser pro Kubikmeter Luft, die sich niederschlagen.  Wird der Keller nun den ganzen Tag über gelüftet und findet der Luftaustausch in entsprechend großen Mengen statt, können Sie sich problemlos  jeden Tag ein paar Liter Wasser in den Keller holen.  Dieses Wasser bildet anders als bei der diffusionsdichten Glasflasche keine Wasserperlen an der Oberfläche, sondern kann in die unterschiedlichen Oberflächen einziehen.  So beispielsweise in Teppichböden, Putz, Mauerwerk, Schränke, Bücher oder Kleidung.  An all diesen Oberflächen kann sich Schimmel bilden.

Daher sind viele Keller feucht, gerade weil sie im Sommer gelüftet werden!

Im Winter ist der Effekt gerade umgekehrt: hier ist die Außenluft kälter und trockener als die im Keller.  Diese Luft kann also tatsächlich Feuchtigkeit aus dem Keller nach außen abtransportieren.  Auch hier sollte aber auch Dauerlüften verzichtet werden: denn dadurch kühlt z.B. die Kellerdecke aus, die dann mit Heizenergie aus dem Erdgeschoss wieder aufgewärmt werden muss.

Also gilt im Keller dasselbe wie im ganzen Haus: niemals dauerlüften!  Immer nur Stoßlüften.  Und im Sommer bitte nur in den kühlen Morgen- oder Abendstunden, damit keine warme und feuchte Luft in den Keller gelangt.

Wenn Sie einen muffigen Keller haben kann dieses normalerweise drei Ursachen haben:

  1. Falsches Lüften – das haben wir gerade erläutert
  2. Erzeugen von Luftfeuchtigkeit in Kellerräumen – Duschen, Bügeln, Wäsche trocknen und auch Schlafen(!) erzeugen Luftfeuchtigkeit, die besonders im Sommer schwer wegzulüften ist.
  3. Eindringen von Feuchtigkeit durch undichtes Mauerwerk, Bodenplatten oder defekte wasserführende Leitungen

Die meisten von uns vermuten gern Ursache Nummer 3.  Das ist ja auch die am leichtesten nachvollziehbare.  Meistens liegt es aber an 1 oder 2 oder beidem.

Wenn Ihr Keller also feucht ist gehen Sie bitte zunächst wie folgt vor:

  • Stellen Sie ein Hygrometer auf einen Tisch oder Stuhl in Raummitte auf, der in den Kellerräumen die Luftfeuchtigkeit misst.  Hygrometer können Sie schon für unter 10 Euro kaufen.  Die gemessene Luftfeuchtigkeit sollte 60% bis 65% nicht übersteigen.
  • Verzichten Sie auf das Erzeugen von Feuchtigkeit im Kellergeschoss!  Also dort bitte nicht mehr schlafen, bügeln, duschen usw. – auch wenn das Ihre jahrzehntelangen Gewohnheiten durchbrechen sollte!
  • Lüften Sie richtig!

Sie werden feststellen, dass mit der Zeit die gemessene Luftfeuchtigkeit sinkt.  Glückwunsch, Thema erledigt!

Falls Ihr Problem jedoch auch nach korrekter Nutzung und Lüftung im nächsten Frühling weiterhin bestehen sollte, liegt eventuell tatsächlich ein Schaden vor: dieses könnten nicht vorhandene oder undichte Feuchtigkeitssperren sein, defekte Leitungen oder auch andere Ursachen.  Hier werden Sie ohne professionelle Hilfe dann leider nicht weiterkommen.

Zwei Ausnahme gibt es allerdings:

  1. Neubauten enthalten – nicht nur im Kellergeschoss – noch Feuchtigkeit aus der Bauphase.  Diese kann je nach Witterung manchmal nur mit technischer Unterstützung aus Beton oder Mauerwerk entfernt werden.  Das sollte aber durch Ihren Architekten oder Generalunternehmer geregelt werden.
  2. Bei Kellern älterer Gebäude liegt die Luftfeuchtigkeit oft deutlich höher.  Diese Häuser sind meist ca. 100 Jahre alt oder älter und verfügen z.B. über Lehmböden und gemauerte Gewölbe aus Ziegelmauerwerk.  Über Abdichtungen gegen Feuchtigkeit von außen verfügen sie gar nicht oder kaum.  In diesen Kellern ist die hohe Feuchtigkeit normal und richtet auch keinen Schaden an.  Die damaligen Baumeister arrangierten sich mit der vorhandenen Feuchtigkeit durch das Verwenden von Baumaterialien, die Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben können, ohne Schaden zu nehmen.  Die Keller wurden meist zum Lagern von Lebensmitteln genutzt, die Feuchtigkeit vertrugen oder sogar benötigten.  Hier sollten Sie nicht ohne Fachkenntnisse in das bestehende System eingreifen.